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Pathologie

Klassifikation und pathologische Einteilung der neuroendokrinen Tumore

Neuroendokrine Neoplasien (NEN) können sich sehr unterschiedlich verhalten. Daher ist die genaue feingewebliche Einteilung durch den Pathologen und die genaue Erfassung des Ausbreitungsstadiums wichtig um die geeignetste Therapie festzulegen.

Woher entstammen die NEN und was zeichnet sie aus? Die neuroendokrinen Tumore des Gastrointestinaltrakts (GEP-NEN) entstehen aus dem diffusen neuroendokrinen System. Dies ist eine Ansammlung von im Gewebe verteilten endokrinen Zellen, d. h. spezialisierte Zellen, die Hormone und Botenstoffe sezernieren. Wichtige Funktionen des Verdauungstraktes werden durch das diffuse neuroendokrine System reguliert, z. B. erfolgt die Steuerung des Zuckerstoffwechsels durch die Insulinzellen der Bauchspeicheldrüse oder die Magensäuresekretion durch die im Magen vorhandenen Gastrinzellen. Die in den Zellen des diffusen neuroendokrinen Systems gespeicherten Hormone und Botenstoffe sind mit speziellen Methoden nachweisbar und können zur Charakterisierung und teilweise auch als Tumormarker verwendet werden. Am wichtigsten für die feingewebliche Beurteilung sind Chromogranin A und Synaptophysin. Chromogranin A kann auch im Blut gemessen und als Tumormarker verwendet werden.

Ein Teil der NEN kann Botenstoffe unreguliert ausstoßen und damit Symptome auslösen. Dies wird als funktionelle Aktivität der NEN bezeichnet. Das Karzinoidsyndrom, das durch anfallsartige Rötungen der Haut (Flush), Durchfall und eine Erkrankung des rechten Herzens (Hedinger Syndrom) gekennzeichnet ist, wird durch eine ungeregelte Sekretion von Serotinin hervorgerufen. Das Zollinger-Ellison Syndrom durch eine ungeregelte Sekretion von Gastrin und ein Insulinom schüttet Insulin aus und kann so zu Unterzuckerungen führen.

Die meisten GEP-NEN exprimieren Andockstellen für das köpereigene Hormon Somatostatin, die Somatostatinrezeptoren (SSTR), die feingeweblich nachgewiesen werden können. Dies ist auch die Basis für die nuklearmedizinische Diagnostik, z. B. das Somatostatinrezeptor PET/CT mit 68Gallium DOTATOC oder DOTATATE.

Wie erfolgt die Einteilung der NEN? Zuerst werden die Tumore unter dem Mikroskop mit einer normalen Färbung angesehen. Hier wird beurteilt wie die Zellen aussehen. In der Regel ist ein Tumor umso gutartiger je ähnlicher die Tumorzellen ihren Ursprungszellen sind. Hier kann auch beurteilt werden, wie viele Zellen sich teilen (durch die Anzahl der sich teilenden Zellen = Mitosen), ob Bereiche mit abgestorbenen Zellen vorhanden sind und wie gleichförmig die Zellen aussehen. Danach werden die Zellen mit Markern für NEN angefärbt (Chromogranin A, Synapthophysin, CD56). Die Basis für die Einteilung ist jedoch die Wachstumsgeschwindigkeit, die mit einer speziellen Färbung gemessen wird. Diese markiert alle Zellen die sich gerade in der Zellteilung befinden. Daraus ergibt sich der sogenannte Ki67 Index oder der MIB Index. Mit dessen Hilfe erfolgt die Unterteilung in G1-G3, wobei G1 die gutartigsten Tumore mit niedriger Zellteilungsrate/Wachstumsgeschwindigkeit und G3 die bösartigsten Tumore mit hoher Zellteilungsrate/Wachstumsgeschwindigkeit darstellen. Eine Unterteilung erfolgt noch in die gut differenzierten neuroendokrinen Tumore G1 und G2 und die schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinome G3. Die gut differenzierten neuroendokrinen Tumore G3 stellen eine Zwischenform zwischen neuroendokrinen Tumoren G2 und schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinomen G3 dar (Tabelle 1).

Grad Differenzierung Mitosen/Ki-67
1 niedrig (NET) Gut differenziert < 2 Mitosen/10HPF
< 3 % Ki67 Index
2 intermediär (NET) Gut differenziert 2-20 Mitosen/10HPF
3 – 20 % Ki67 Index
3 hoch (NET) Gut differenziert >20 Mitosen/10HPF
> 20 % Ki67 Index
Neuroendokrines Karzinom (NEC) Schlecht differenziert
Großzellig (LCNEC)
Kleinzellig (SCLC)
>20 Mitosen/10HPF
> 20 % Ki67 Index

Tabelle 1: WHO Einteilung der NEN (2019)
HPF: Mikroskopisches Sichtfeld unter hoher Vergrößerung, NET G haben in der Regel einen Ki67 Index von unter 50 %

Die Einteilung der Tumorbiologie anhand des WHO-Schemas korreliert gut mit dem klinischen Verlauf. Das WHO-Schema konzentriert sich jedoch vor allem auf biologische Eigenschaften des Tumors, eine genaue Erfassung der Tumorausbreitung kann dadurch jedoch nicht erreicht werden. Die Ausbreitung der GEP-NETs erfolgt sein 2006 durch ein Tumor-Nodus-Metastasen (TNM) System. Das TNM System beschreibt die Größe des Primärtumors, das ist der Tumor von dem die Erkrankung ihren Ausgang nimmt durch eine Einteilung von T1 bis T4. Das N-Stadium beschreibt die Anwesenheit von Tochtergeschwülsten (Metastasen) in Lymphknoten durch N1. Sind die Lymphknoten nicht befallen, wird dies als N0 bezeichnet. Tochtergeschwülste in anderen Organen (Fernmetastasen) werden als M1 klassifiziert, während M0 anzeigt, dass weitere Organe nicht befallen sind.

Die Kombination des T, N und M Status wird zur Einteilung der Tumorerkrankung in 4 Stadien verwendet, wobei die Ausbreitung des Tumors von Stadium 1 bis 4 zunimmt. Der Nachweis von Fernmetastasen (M1) ist immer mit einem Stadium 4 verbunden. Als Beispiel ist die TNM Klassifikation und Stadieneinteilung der neuroendokrinen Tumore des Pankreas angegeben (Tabelle 2).


Klassifikation der neuroendokrinen Tumoren des Pankreas

T --- Primärtumor
TX Primärtumor kann nicht bestimmt werden
T0 kein Primärtumor vorhanden
T1 Tumor auf das Pankreas begrenzt und < 2 cm
T2 Tumor auf das Pankreas begrenzt und 2 – 4 cm
T3 Tumor auf das Pankreas begrenzt und > 4 cm
oder Infiltration von Duodenum oder Gallengang
T4 Tumor infiltriert Nachbarorgane (Magen, Milz, Kolon, Nebenniere)
oder die Wand großer Gefäße ( Truncus coeliacus/A.mesenterica superior)

Für jedes T. (m) zufügen bei multiplen Tumoren
N --- regionäre Lymphknotenmetastasen
NX regionäre Lymphknoten können nicht bestimmt werden
N0 keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1 regionäre Lymphknotenmetastasen
M --- Fernmetastasen
MX Fernmetastasen können nicht bestimmt werden
M0 keine Fernmetastasen
M1 Fernmetastase
Krankheitsstadien
Stadium I T1 N0 M0
Stadium IIa T2 N0 M0
  IIb T3 N0 M0
Stadium IIIa T4 N0 M0
  IIIb Jedes T N1 M0
Stadium IV Jedes T Jedes N M1

Tabelle 2: TNM System der NENN des Pankreas nach ENETS 2017


Vorläuferläsionen der GEP-NETs

Bei vielen Tumoren konnte die Entwicklung von den ersten Veränderungen bis zum Krebsgeschwulst wissenschaftlich nachverfolgt werden. Bei den GEP-NEN konnten Vorläuferläsionen bei Patienten mit Keimbahnmutation (Tabelle 3) nachgewiesen werden und haben hier eine Bedeutung für die Überwachung dieser Patienten. Bei Patienten ohne Keimbahnmutation ist dagegen wenig bekannt, sodass Überwachungsprogramme noch nicht etabliert werden können.


Zusammenfassung

Eine genaue pathologische Diagnose der heterogenen Gruppe der neuroendokrinen Tumore ist unabdingbar für die Prognose der Patienten und die Festlegung der Therapie. Neue Erkenntnisse hinsichtlich der Pathogenese haben unmittelbare Auswirkungen auf die Überwachungsstrategien bei MEN-1 aber auch bei pankreatischen NEN ohne bekannte Keimbahnmutation. Die Einführung der WHO Klassifikation und des TNM Systems für die NEN erlaubt eine standardisierte Einteilung in Stadien und damit eine unmittelbare Vergleichbarkeit der zur Zeit durchgeführten Studien sodass eine verbesserte pathologische Diagnostik sich unmittelbar auf die Verbesserung der Diagnose und Therapie dieser Tumoren auswirken wird.

Syndrom Gen Neuroendokrine Tumoren Andere Tumoren Spezifische Prävalenz*
Multiple endokrine Neoplasie
Typ 1 (MEN 1)
MEN 1 Pankreas, Nebenschilddrüse, Hypophyse, Nebenniere, andere u. a. Haut (Angiofibrome) bis 30 %
Multiple endokrine Neoplasie
Typ 2 (MEN 2)
RET Schilddrüse (MTC), Nebenniere, (Phäochromozytom) bei MEN2b: Neurome bis 30 %
Carney-Komplex (17q2) Nebenniere, Hoden, Hypophyse Haut, Brust, Herz (Myxome) < 1 %
Multiple endokrine Neoplasie
Typ 4 (MEN 4)
p27 Wie MEN-1   2 Familien beschrieben
Cowden-Syndrom PTEN Schilddrüse (non-MTC) Mamma, Niere < 1 %
Neurofibromatose Typ 1 NF1 Nebenniere (Phäochromocytom) Haut, ZNS < 1 %

Tabelle 3: Neuroendokrine Tumorsyndrome: klinische und genetische Charakteristika.
Die Betonten sind die jeweils am häufigsten auftretenden Tumoren („Leiterkrankung“).
MTC: medulläres Schilddrüsenkarzinom.

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